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Hier findet Ihr ein Interview, dass Nicky Gebhard von der Fachzeitung »drums & percussion« zum Thema „Deutsche Drummer“ mit mir geführt hat.

In dieser Serie wollen wir Schlagzeuger aus Deutschland vorstellen, die sich in der Studio- und Live-Szene aufhalten. Hierbei wollen wir Drummer zu Wort kommen lassen, die Produktionen unterschiedlichster Richtungen machen und diese mit dem amtlichen, rhythmischen Fundament versorgen. Es werden Schlagzeuger vorgestellt, die mehr im Hintergrund agieren u.a. bei Plattenproduktionen, bei Jingles, bei Demoproduktionen, bei Filmmusik usw., deren Namen man noch nicht so häufig auf Platten- oder Cassettencovern liest und die dennoch ihren Job einfach gut machen. In dieser ersten Folge porträtieren wir als Studiodrummer und Produzent Dirk Schroeter, den viele als Toningenieur der Terry-Bozzio-Tour »gehört« haben.

Hattest du Unterricht, als du mit 14 Jahren zu trommeln anfingst?
Die ersten vier Monate zeigte mir mein Lehrer die Basis. Danach meinte er, ich käme allein zurecht und solle für mich das Richtige finden.

Brachte er dir klassische Techniken bei?
Er zeigte mir die Rudiments, die wichtig waren und einige Grundtechniken fürs Set. Danach spielte ich zu Platten wie z.B. von »Earth, Wind & Fire« und entwickelte mich so weiter. Den entscheidenden Anstoß bekam ich 1988, als ich mich wieder intensiv mit Keyboards befaßte. Ich komponierte Stücke damit und setzte mich nicht so sehr aus der Sicht des Drummers mit den Titeln auseinander. Dabei erkannte ich ganz klar, wie ich mit dem Schlagzeug die Musik am effektivsten unterstützen muß. Ich sah, wie wichtig es ist, mit dem Schlagzeug zu begleiten und nicht alles plattzutrommeln. Das fällt dir natürlich aus der Sicht eines Komponisten viel eher auf. Wenn man sich daraufhin Bänder oder Live-Aufnahmen kritisch anhört, ist doch hier ein Fill zu viel oder ein Crash nicht passend. Das stört im Prinzip nur den Song.

Wann bist du auf die Idee gekommen, Profi zu werden? Wie hat sich das entwickelt?
Mit meiner eigenen Band »Exit 55« produzierten wir mit Jens Krause (Fury in the Slaughterhouse) eine Single und hatten einige Erfolge bei Wettbewerben. Danach bat mich Jens, weil er nur noch produzieren wollte, ihn als Drummer bei seiner Band »Fun Key B.« abzulösen, einer sehr interessanten Band, die im gesamten norddeutschen Raum bekannt war und mit Soul-Funk durch die Clubs reiste. Wir waren mit Bläsern besetzt und bekamen vom niedersächsischen Staatstheater den Auftrag, ein Rockballett zu schreiben. Das war eine reizvolle Aufgabe, denn wir konnten von Fusion bis Rap alle Stilrichtungen in das Ballett einbauen. Wir bekamen vom Ballettmeister graphisch dargestellte Skizzen mit Anleitungen zu den Szenen und das mußten wir in einem Jahr musikalisch umsetzen. Diese Sache wurde ein Riesenerfolg. Über 60 000 Leute sahen das Rockballett! Es lief über vier Jahre und war immer ausverkauft.

Wie hieß das Projekt?
»Love or War«. Dazu ist auch eine CD/LP erschienen.

Habt Ihr bei den Aufführungen live gespielt?
Das war eine wichtige Erfahrung für meine Studioarbeit: Die Show, die anderthalb Stunden dauerte, wurde komplett mit Klick gespielt, weil es u.a. für die Tänzer wichtig war, die Tanzabläufe immer exakt gleich zu haben. Nach ca. 50 Aufführungen war mein Timing so trainiert, daß ich heute im Studio den Klick als angenehme Hilfestellung empfinde.

Bist du notenfest?
Durch den Klavierunterricht und Theaterjobs bin ich mit Noten konfrontiert worden. Ich komme damit klar, bin aber beim besten Willen kein guter Blattspieler und muß mich mit den Stimmen vorher vertraut machen.

Ist das als Studiodrummer nicht hinderlich?
Merkwürdigerweise habe ich bis heute noch keinen Auftrag bekommen, bei dem ich vom Blatt lesen mußte. Die Musiker, die mich anrufen, haben oft vorprogrammierte Drumparts auf ihren Bändern, die ich auf meine Art umsetzen soll. Hierfür benötigst du eine schnelle Auffassungsgabe und das ist wichtiger, als der »Vom-Blatt-Lese-Künstler« zu sein, zumindest ist das so in meinem Arbeitsbereich.

Kannst du von der Musik leben?
Vom Schlagzeugspiel allein nicht. Aus diesem Grunde habe ich mit meinem Bruder und Christian das Basement-Studio in Hannover ins Leben gerufen. Außerdem arbeite ich beim NDR als freier Toningenieur und mische Live- Bands oder auch Solisten, wie Terry Bozzio auf seinen Workshop-Touren. Ich bin ausgebildeter Toningenieur, weil ich mein Geld mit der Musik insgesamt verdienen möchte.

Was wird im » BASEMENT« denn so produziert?
Der Anlaß für die Studiogründung war unsere Band »Backstreet«. Christian und auch ich sind Perfektionisten und mein Bruder Frank 150%ig. Mit dem eigenen Studio hatten wir die Gelegenheit, uns Zeit zu nehmen und unsere CD »What we like« in Ruhe zu produzieren. Inzwischen haben wir das Video von Manni von Bohr und diverse lokale Bands produziert.

Wie ist »What we like« entstanden?
Wir haben zehn Titel komplett im »Basement« zu dritt eingespielt bzw. produziert. Wir waren uns alle einig, daß wir jetzt noch einen bekannten Saxophonisten, am besten aus den Staaten, hinzunehmen sollten. Das ist leider heute nötig, um diese Art von Musik verkaufen zu können. So reiste ich in die USA, zur Namm-Show und nahm Kontakte auf. Auf diese Idee brachte mich übrigens Will Kennedy, mit dem ich im Jahr zuvor auf der Musikmesse in Frankfurt/M. gespielt hatte. Er fand unsere Musik gut und er riet mir einen Teil der CD in den USA zu produzieren. Bei meiner Suche stieß ich auf Brandon Fields, der neben Ulli Orth auf »What we like« Saxophon spielt.

Wie siehst du die Entwicklung für Drummer im Studio?
Glücklicherweise wird wieder mehr von Hand getrommelt, als programmiert. Das Publikum will wieder mehr lebendigere Musik. Ich habe auch schon Becken oder Hihats zum Computer-Groove eingespielt, um dem ganzen einen natürlichen Touch zu geben.

Bei vielen Produktionen wird wieder ganz auf Klicks verzichtet. Bei Nirvana sind Timing-Schwankungen ein Markenzeichen; wie beurteilst du als Perfektionist diese Zeiterscheinung?
Wenn du z.B. traditionellen Jazz oder Rhythm & Blues spielst, dann macht der Klick alles kaputt. Ich finde es positiv, daß auch in der Rock- und Popmusik wieder ohne Klick produziert wird. Heute sind die meisten Studiodrummer so timing-fest, daß sie eh kaum noch den Klick brauchen.

Wie stellst du bei Produktionen deinen Kopfhörersound ein?
Der richtige Sound im Kopfhörer ist enorm wichtig. Ich lasse als Klick Achtel mitlaufen, wobei die Viertel mit Cowbell und die Off-beats mit Rimclick belegt sind. Bei triolischen Grooves lege ich aufs Viertel die Glocke und auf die Triolenachtel den Rim.

Was ist bei Produktionen noch wichtig?
Der Sound! Viele Schlagzeuger vergessen vor lauter Technik-Überei, sich um einen guten Drumsound zu kümmern. Der beginnt bei der Auswahl der Felle, geht über ein sauberes Stimmen bis hin zur richtigen Auswahl der Mikros. Sehr wichtig finde ich auch, daß sich jeder sein Gehör mit Ohrstöpseln schützen sollte. Ich mache keinen Schlag mehr ohne Gehörschutz.

Nicky Gebhard, Juli 1993